28. März 2015 Stadtführung in Bad Hersfeld

Unsere Stadtführung begann auf dem Linggplatz. Die die Stadtführerinnen Gisela Groß und Helga Lagemann erzählten uns hier schon etwas über die Stadtgeschichte. Urkundlich beginnt die Geschichte im Jahre 736 nach Christus, als der Bonifatiusschüler Sturmius einige Holzhütten baute, um als Einsiedler in der Wildnis zu leben. Nur drei Jahrzehnte später begann Lullus, der Nachfolger von Bonifatius als Erzbischof von Mainz, mit dem Bau des Klosters Hersfeld und legte damit den Grundstein für die Entwicklung der Stadt und eines kirchlichen Imperiums, der Reichsabtei Hersfeld, gefördert durch Karl den Großen. Als Lullus im Jahre 786 starb, wurde er in der von ihm erbauten Stiftskirche beigesetzt. Die Hersfelder haben ihrem Schutzpatron auf dem Rathausplatz ein Denkmal gesetzt. Langsam gingen wir zum freistehenden Katharinenturm vor der Stiftsruine, dort hängt Deutschlands älteste Glocke, die Lullusglocke. Die 1000 Kilogramm schwere Glocke wurde im Jahre 1038 gegossen. Sie wird nur zum Auftakt des Lullusfestes, zum Jahreswechsel um Mitternacht und an hohen kirchlichen Feiertagen (Ostersonntag, Pfingstsonntag, Weihnachten) geläutet. Weiter ging es zum ehemaligen Kloster. Es wurde im Jahre 831 bis 850 durch Abt Bun erbaut. Kaiser und Könige gingen in diesem bedeutenden Kloster ein und aus. Benediktiner berieten die Herrscher und bestimmten auf diesem Weg die Politik. Luther machte 1521 in Bad Hersfeld Station und predigte am 1. Mai in der Stiftskirche. Zwei Jahre später wurde die Stadt endgültig protestantisch. 1761 vernichtete die zurückweichende Franzosenarmee ihre in der Stiftskirche gestapelten Vorräte und einer der größten sakralen Hallenbauten Deutschlands wurde ein Raub der Flammen. Sie wurde nicht wieder aufgebaut. So besichtigten wir diese Ruine eine der beeindrucksten Theaterkulissen Europas, sie gilt als größte romanische Kirchenruine der Welt. Seit 1951 finden dort alljährlich im Sommer die deutschlandweit bekannten Bad Hersfelder Festspiele statt. Schauspiel, Musical, Oper und Konzert werden dort aufgeführt. Bei Regen werden die Zuschauer durch einen 1600 m² großen Regenschirm geschützt. Schon fantastisch in einer solchen Kulisse zu stehen. Langsam umrundeten wir das historische Gebäude wo sich ringsherum lauter moderne Kunstobjekte befinden. Schon standen wir vor einem interessanten Denkmal. Es zeigt Konrad Duden und Konrad Zuse, zwei bedeutende Söhne Bad Hersfelds. Duden war von 1876 bis 1905 Direktor des Hersfelder Gymnasiums und ist auch hier begraben. Er schrieb den ersten "Duden" während seiner Zeit in dieser Stadt. Konrad Zuse ist der Erfinder des ersten Computers der Welt, den Z1. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er eine Computerfirma in Haunetal-Neukirchen welche 1957 nach Bad Hersfeld zog. Weiter ging unsere Tour auf den Linggplatz, hier findet man das Denkmal des Leutnant Linggs, der einst einen Befehl Napoleons nicht ganz befolgte und statt die ganze Stadt "an allen vier Ecken anzuzünden" und sie komplett niederzubrennen, nur vier einzelne Häuser in den vier Himmelsrichtungen abbrennen ließ - so rettete er Bad Hersfeld vor der Zerstörung und wurde zum Helden. Etwas weiter auf dem Platz befindet sich das Mückenstürmerdenkmal. Dem eine lustige Anekdote zugrunde liegt: Im Sommer 1674 sahen die Einwohner der Stadt eine große graue Wolke aus dem Kirchturm kommen. Sie hielten diesen "Rauch" natürlich für ein Feuer und stürmten mit Wassereimern und Leitern bewaffnet zur Kirche. Als sie ankamen, stellten sie jedoch fest, dass es sich um einen riesigen Mückenschwarm handelte! So bekamen die Hersfelder den Spitznamen "Mückenstürmer". Vorbei an reich geschmücktem Fachwerk gelangten zum Marktplatz, wo alljährlich  das Lullusfest statt findet. Es ist das älteste Volksfest Deutschlands. Für die „Herschfeller" wird mit diesem Fest die „5. Jahreszeit" eingeläutet. Es erinnert an den Gründer Bad Hersfelds, den Bonifatius-Schüler Erzbischof Lull. Immer in der Woche des 16. Oktobers, dem Todestag des „Heiligen Lullus", wird das Lollsfest gefeiert. Durch einen kleinen Torbogen gelangten wir zur Stadtkirche, dessen Turm hat eine stattliche Höhe von 58,20 Meter und kann über 222 Stufen bestiegen werden. Die Geschichte der Stadtkirche beginnt mit dem Bau als romanische Marktbasilika um das Jahr 1060. Dieser Bau wurde dann über die nächsten 420 Jahre zu dem gotischen Kirchenbau um- und ausgebaut, wie er heute noch steht. Das Äußere blieb seitdem fast unverändert. Der Innenraum wurde durch calvinistische Bilderstürmer und durch mindestens zwei größere Brände erheblich verändert. 1798 kaufte der Hessische Landgraf die gotischen Fenster aus dem Chor und der Kirchenhalle für seine Löwenburg. Einige der alten Bleiglasfenster befanden sich noch in über dem Beinhaus und in der Sakrestei. Der Kirchenbrand 1952 zerstörte in der Kirchenhalle viele dieser alten Fenster. Bei der Wiederherstellung der Kirche baute man die Reste der alten Fenster dort aus und verwendete sie für die Fenster in der Marienkapelle und der Sakristei. Der Chor wurde mit fünf neuen Buntglasfenstern ausgestattet, die der Glaskünstler Hans Gottr´fried von Stockhausen entwarf. Die sonst eher schmucklose Kirche ist nur noch mit Deckenornamenten versehen. In die Orgel  wurde 2010 von der Orgelbaufirma Herman Eule aus Bautzen ein neues Werk eingebaut. Weiter ging es über den Kirchplatz vorbei an Alter und Neuer Architektur zum Rathaus. Vor dem Rathaus blick Lullus von einem Sockel hinab auf eine alte und moderne Stadt mit etwa 30 000 Einwohnern, in der sich Geschichte und Gegenwart überall begegnen und den einzigartigen Reiz Bad Hersfelds prägen. Das Rathaus, ein Kleinod der Renaissance, steht mitten im modernen Einkaufszentrum. Das Stadthaus zwischen Klausturm und Pulverturm ist sichtbares Zeichen einer gelungenen Symbiose alter und neuer Bauart. Unsere Stadtführung endete am oberen Rathausplatz vor dem Stadtmodell welches durch viele namhafte Spender von Egbert Broeken 2008 herstellt wurde. Die ist eine Tastbare Sehenswürdigkeiten sie bietet besonders blinden und sehbehinderte Menschen die Möglichkeit, ein Wahrzeichen, eine Stadt oder eine andere Sehenswürdigkeit zu erleben und sich eine Vorstellung von eben diesem zu machen. Aber auch normalsehende Menschen, insbesondere auch Kindern, lassen sich anhand eines taktilen Modelles das Dargestellte näher bringen, wie zum Beispiel die Stadtgeschichte anhand eines Stadtmodelles. Eine interessante Führung bei gutem Wetter ging viel zu schnell zu Ende. Danke an die Stadtführerinnen Gisela Groß und Helga Lagemann. Im Anschluss bildeten sich Grüppchen, die sich bei Kaffee und Kuchen noch gut austauschten.

 

Ein Dank auch an die Organisatoren vom BezirksLandfrauen Verein