Rundgang durch Kleinensee am 18. März 2023

Der heutige Ort Kleinensee, ein Stadtteil von Heringen (Werra), wurde erstmals als "Cleinensehe" im Jahre 1579 im Rotenburger Salbuch Güterverzeichnis erwähnt.

Seinen Namen soll der Ort von einem in der Nähe gelegenen See, früher der "Cleinensee", jetzt "Seulingssee" genannt, erhalten haben.

Zu Zeiten des Kalten Krieges war der Ort auf drei Seiten von Grenzanlagen zwischen der DDR und der Bundesrepublik umgeben. Nach der Wende 1989 eröffneten sich für die knapp 600 Einwohner neue Perspektiven.

Ca. 60 Landfrauen hatten sich vor dem "Schlottentreff" eingefunden. Marion Engelhardt Vorsitzende vom Ortsverein Kleinensee und Brigitte Weitz Vorsitzende vom Bezirksverein begrüßten die Landfrauen bei herrlichem Wetter.

Paul Schäfer vom Heimat- und Verkehrsverein wurde engagiert um die Frauen durch den Ort an markante Stellen zu führen, diese sind alle mit einer Informationstafel und einem QR-Code versehen, hier konnte man alles gut nachlesen.

Begonnen wurde am Rittergut. 

Nach alten Aufzeichnungen war das Gut in Kleinensee ein Lehensgut, zu dem ein Grossteil der Ländereien in der Gemarkung und etwa 100 Morgen Wald gehörten.

Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Einwohner von Kleinensee dem Gutsherrn dienstverpflichtet.

 

Die erste Erwähnung über dieses Gut fand man in einem Schreiben, das 1437 Margarete von Heringen an die Kreuzberger Äbtissin richtete. Sie schrieb, dass sie ihr ererbtes Gut am See, Hopfenberg genannt, ihrem Schwager Kurt von Romerode, der 1437 in Wenigentaft lebte, erblich verkauft habe. Zuvor sei dieses Gut schon an die Romerod zu Wildecke (also vor 1413) teilweise versetzt gewesen.

 

Im Grenzregelungsvertrag zwischen Hessen und Thüringen-Sachsen im Jahre 1562 erhielt der Landgraf die Gerichtsbarkeit über den See und zwei „Vischers Heusern zum kleinen Sehe“ zugestanden. Das Gut, aus dem sich das Dorf entwickelte, gehörte zum Amt Gerstungen. 1593 war Christoph von Boyneburg Gutsbesitzer.

 

Erst im Jahr 1733 wurden die Verträge zwischen dem Landgrafen v. Hessen und dem Herzog v. Sachsen-Eisenach geschlossen, die in einem Austauschverfahren allem ein Ende bereiteten und den Anfang zu neuer territorialer Bildung machten.

So fiel z.B. der gesamte, mit Gut Kleinensee zusammenhängende Besitz an Hessen. Durch die Zusammenlegung der Besitzungen Kleinensee, Bosserode, des „Unterhofs“ in Rasdorf und der Gerstunger Gefälle in der Mitte des 18. Jahrhunderts, war bis auf wenige Ausnahmen alles zur Gemarkung Bosserode gehörige Grundeigentum dem jeweiligen Herrn auf Kleinensee lehnbar, d.h. abgabenpflichtig.

 

Mit Abschaffung der Leibeigenschaft (1841 in Kurhessen) war auch der ehemalige Frondienst der Bauern abgeschafft und durch den Handdienst ersetzt worden.

Das Gutshaus wurde im 19. Jahrhundert durch Brand zerstört und danach wieder aufgebaut. Letztes erhaltenes Inventarstück des alten Gutshauses ist ein schwerer Kronleuchter, der heute im Schiff der Kirche von Kleinensee hängt und bis 2014 als Lichtquelle dient.

Kanalbogen im Seulingssee

Noch aus der Zeit vor der Französischen Revolution stammt der Fund, den Bauarbeiter 1991 bei Arbeiten am Rande des Seulingssees machten. Bei der Verlegung einer neuen Entwässerungsleitung förderte der Baggerfahrer einige Bundsandsteine zu Tage, die für diesen lehmig bis sandigen Boden untypisch waren und deren Herkunft man sich zunächst nicht erklären konnte.

 

Nach weiteren vorsichtigen Grabungen stellte sich dann jedoch heraus, dass es sich bei den zu Tage geförderten Bruchsteinen nicht um Bauschutt, sondern um die Überreste eines mehr als 200 Jahre alten Überlaufes des damaligen großen Sees handelte. Auf der Stirnseite des Schlusssteins ist die Jahreszahl 1784 und der Initialbuchstabe V für die damaligen Besitzer des Rittergutes Kleinensee Hermann von Vultee (ein H und ein V übereinander) zu sehen. Der Überlauf war wahrscheinlich eine erste Baumaßnahme zur Absenkung des Seepegels, um in Randbereichen den fruchtbaren Boden landwirtschaftlich zu nutzen. Vorher erstreckte sich der See weit über die Fläche des heutigen Feuchtgebietes hinaus bis nach Großensee und dem heute bebauten Randgebiet von Kleinensee.

 

Nachdem man alle Bruchsteine vorsichtig gehoben hatte, war man sich darüber einig, den Fund als Zeugnis der Geschichte des Seulingssees, der das Landschaftsbild und das Leben der Bewohner von Kleinensee und Großensee über Jahrhunderte geprägt hat, in unmittelbarer Nähe des Fundortes in mühevoller Puzzlearbeit wieder aufzubauen.

Der Seulingssee war bis in das 18. Jahrhundert hinein ein Binnensee mit vielen Zuläufen, die mit dem Bau des Kanalbogens und weiteren umfangreichen Baumaßnahmen umgeleitet wurden, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. (Siehe Karte)

Die erste vollständige Trockenlegung des Sees erfolgte durch den Bau einer teilweise 8 -10 Meter tief verlegten Entwässerungsleitung und weiteren Drainagemaßnahmen Anfang der 1930er Jahre. Anschließend folgte eine intensive landwirtschaftliche Nutzung der ehemaligen Seefläche.

 

Bei einem Bombenangriff im Frühjahr 1945 wurde auch die Entwässerungsleitung getroffen und anschließend notdürftig wieder hergestellt. Mit zunehmender Verlandung der Drainage sowie weiteren Reparaturen an der Entwässerungsleitung häuften sich die Überschwemmungen und damit die Ernteausfälle für die Landwirte. In der Folge wurde die landwirtschaftliche Nutzung sukzessive eingestellt und die Fläche als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

 

Inzwischen ist die alte Entwässerung verfüllt und seit vielen Jahren laufen zwei Pumpen ständig im Wechsel, um überschüssiges Wasser in den Suhlbach zu befördern.

Die alte Linde hat viel Freud und Leid gesehen. Sie stand seit vielen Jahren an der Brücke zwischen den beiden Ortschaften. Früher war die Straße zwischen Kleinen- und Großensee eine Allee, zum Teil mit Obstbäumen bewachsen und Teil der alten Handelsstraße „Kurze Hessen“.

Im Anschluss an den Rundgang durch Kleinensee fand ein reger Austausch der hinterlassenen Eindrücke statt. Dies bei leckeren Torten und Kaffee. 

Danke an Marion Engelhardt und ihr Team.

Ebenso Paul Schäfer für die interessante Führung durch den Ort.

 

Natürlich gebe es noch viel zu schreiben über Kleinensee, aber man sollte sich einmal selbst auf den Weg dorthin begeben. Die interaktiven Schilder sind lohnenswert.